Professor Dr. Knut Löschkes Interview in Tichys Einblick
Hallo XERXES
Im TE-Interview https://www.tichyseinblick.de/interviews/knut-loeschke/ vom 5. Dezember 2022 mahnt Professor Dr. Knut Löschke:
Tja, wenn ich die Lösung wüsste … Ich kann mich nur wiederholen: eine offene Diskussionskultur ohne Denkverbote.
eine offene - heute nicht mehr selbstverständliche und verlustig gehende - Diskussionskultur an, derer sich Franz Oppenheimer in den 20iger Jahren des letzten Jahrhunderts in Deutschland noch sicher sein konnte.
Vor einiger Zeit hatte ich auf @Weiners Feststellung, dass wir alle, auch hier und jetzt, in jeder Sekunde uns der Legitimität des Zwangsstaates unterwerfen, geschrieben:
Ausgehend von Rom bedeutete Legitimität das traditionell-nützlich Ordnungsgemäße z. B. der Erbfolge, im Mittelalter das Gottesgnadentum, in der Neuzeit kam die Idee der moralischen Rechtfertigung hinzu: Kant thematisierte inhaltlich das soziologische Begriffspaar Gesetzlichkeit versus Sittlichkeit - für Hegel bedeutete das die problematische Unterwerfung des Rechts der Welt unter die individuelle Moralität als subjektives Recht des freien Willens.
Franz Oppenheimers soziologischer Begriff der Legitimität orientiert sich an der beobachtbaren Realität. Sie erfährt ihre Legitimation aus sich selbst heraus, d. h. durch die Macht, Recht und Ordnung. Die Staatsangehörigen akzeptieren die staatliche Macht durch aktive Zustimmung oder passive Ohnmacht.
Der Dreh- und Angelpunkt vom Produzieren diesseits der Dunbar-Zahl in Stammesgemeinschaften zum Wirtschaften in Gesellschaft jenseits der Dunbar-Zahl ist die sanktionsbewehrte Abgabe.
Dazu berichtet Paul C. Martin in
https://archiv.dasgelbeforum.net/ewf2000/forum_entry.php?id=356186 Re: @Dottore-Beitrag zum Cournot´schen Punkt verfasst von dottore, 07.06.2006, 15:47
über das Oppenheimer-Modell der Staatsentstehung.
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Danach zeigt die Geschichtsforschung, dass jeder Staat seiner Entstehung nach ganz und seinem Wesen nach auf seinen ersten Daseinsstufen fast ganz eine gesellschaftliche Einrichtung (ist), die von einer siegreichen Menschengruppe einer besiegten Menschengruppe aufgezwungen wurde mit dem einzigen Zwecke, die Herrschaft der ersten über die letzte zu regeln und gegen innere Aufstände und äußere Angriffe zu sichern. Und die Herrschaft hatte keinerlei andere Endabsicht als die ökonomische Ausbeutung der Besiegten durch die Sieger. Kein primitiver 'Staat' der Weltgeschichte ist anders entstanden ....
Nachdem der Staat also etabliert ist, gilt bis heute:
Jeder Staat der Vergangenheit und Geschichte, dem dieser Name unbestritten zukommt, jeder Staat vor allem, der in seiner Entwicklung zu höheren Stufen der Macht, der Größe und des Reichtums weltgeschichtlich bedeutsam geworden ist, war oder ist ein Klassenstaat, d. h. eine Hierarchie voneinander über- und untergeordneten Schichten oder Klassen mit verschiedenem Recht und verschiedenem Einkommen.
Der unversöhnliche Zwiespalt der Theorien vom Staate erklären sich daraus, dass keine von ihnen von den soziologischen Gesichtspunkten aus entstanden ist. Der Staat ist ein universalgeschichtliches Objekt und kann nur durch breit spannende universalgeschichtliche Betrachtung in seinem Wesen erkannt werden. Diesen Weg (...) hat bisher, außer der soziologischen, keine Staatstheorie beschritten. Sie alle sind als Klassentheorien entstanden.
Eine ökonomische Staatstheorie bzw. eine Theorie der Folgewirkungen entwickelt sich seit einiger Zeit. Staat im Oppenheimer’schen Klassen-Sinne (heute: politische Klasse vs. Klasse Rest der Bevölkerung - auch wenn es Auf- und Abstiegsmöglichkeiten gibt, vgl. Paretos Kreislauf der Eliten) wird dabei mit Epitheta (meine Erg.: Beiwörter zum Staat) wie kriminelle Vereinigung, stationärer Bandit, mafiöse Struktur usw. belegt (vgl. Tilly, Kreisky, Sofsky u.v.a. mehr).
Oppenheimer schließlich:
Man kann den Staat auffassen als eine ökonomische Kollektivperson der herrschenden Klasse, die sich die Arbeitskraft der Untertanen als 'Wertding' beschafft hat.
Der Kern! Denn die Beschaffung erfolgt nicht kostenlos, die Kosten entstehen bereits, bevor überhaupt Untertanen definiert werden können und bevor ihre Arbeitskraft von der herrschenden Klasse genutzt bzw. ausgebeutet werden kann. Damit sind wir wieder mitten drin im unlösbaren Vorfinanzierungsproblem des Staates. Jedenfalls sind - so das Handbuch zur Gewaltforschung (2002) - alle modernen Staaten in ihrer derzeitigen territorialen Ausprägung aus Gewaltakten hervorgegangen (das Handbuch versteht allerdings Gewalt als soziales Phänomen und behandelt die ökonomische Aspekte - z.B. Kosten - des Gewalteinsatzes nicht).
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Paul C. Martin an anderer Stelle in
https://archiv.dasgelbeforum.net/ewf2000/forum_entry.php?id=321659 Re: Money – Dottore verfasst von dottore, 24.04.2005, 17:42
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Mit dem Raub fing's nun wirklich an (Franz Oppenheimer, Der Staat). Das ist der Primäraspekt.
Also: Es geht um die Schuld ex nihilo. Die kann nur die Waffe (überlegen muss sie schon sein) herbeizwingen. Der Rest ist schnell gegessen.
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Professor Dr. Knut Löschke wird lernen - wie die User und Leser des Gelben Forums auch -, dass das einzig Analoge die von Paul C. Martin entdeckte debitistische Erkenntnis die zugrundeliegende erfahrbare Gewalt ist.
Die Vorstellung einer offenen Diskussionskultur ohne Denkverbote ist (@Ashitaka) in unserem Universum […] Simulation, erzeugt und fesselt auf der Grundlage eines passenden Zeichensystems unsere Vorstellungen, um scheinbar die Wahrheit zu erfahren.
Sie ist als Rest [...] schnell gegessen.
Gruß - Ostfriese