Da widersprechen momentan sehr viele
Wer regelmäßig auf "X" unterwegs ist und sich dort - egal, ob in der Ukraine oder in Palästina - gegen den Krieg im Allgemeinen äußert und hervorhebt, dass der Verhandlungstisch grundsätzlich dem Schlachtfeld vorgezogen werden sollte, erntet in den meisten Fällen grimmige, gehässige Kommentare, nicht selten garniert mit Beschimpfungen und Beleidigungen.
"Wenn Putin damit durchkommt, sind wir die nächsten", heißt es oft, oder "Verhandlungen erst nach vollständigem Rückzug der Russen". In der causa Israel gegen die Hamas dementsprechend "Israel wehrt sich bloß, die Hamas hätte ja keine Geiseln nehmen müssen", oder "da können sich die Palästinenser bei der Hamas bedanken" oder Ähnliches.
Die Verrohung vieler Menschen macht mir mittlerweile wirklich Sorgen. Empathie oder Menschlichkeit scheinen immer weiter abhanden zu kommen. Die Toten auf den Schlachtfeldern oder in den Trümmern der Häuser sind offenbar nur Zahlen und Kollateralschäden, die es in einem Konflikt nunmal gibt - fertig!
Krieg und Leid sind Menschen, die so reden, offenbar vollkommen fremd, sie kennen nur Bilder aus der Tagesschau und Sequenzen aus Videospielen, hautnah miterlebt hat so etwas in der Regel noch keiner, der bei uns nach dem Krieg geboren wurde. Aber muss einem deshalb auch die Empathie fehlen, das Mitleid mit zerfetzten und verkrüppelten Soldaten, das Mitleid mit amputierten Frauen und Kindern, mit Kriegswaisen?
Beim besten Willen kann ich deshalb die aktuelle Diskussion bei uns in Deutschland nicht verstehen. Ich begreife nicht, dass die früher so aktive Friedensbewegung niemanden mehr auf die Straße bekommt, in Talkshows nur noch darüber geredet wird, wie man den Krieg am Laufen halten kann.
Offenbar befinden wir uns als Gesellschaft wirklich am Vorabend eines weiteren schrecklichen Krieges und nichts und niemand kann ihn mehr aufhalten.
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"Eine Gesellschaft befindet sich im vorübergehenden oder finalen Verfall, wenn der gewöhnliche, gesunde Menschenverstand ungewöhnlich wird."
William Keith Chesterton