Wer säet, pflegt und erntet muss nicht unbedingt derjenige sein, der es isst
Der Kartoffelkrieg dürfte hier bekannt sein, ansonsten unten im Anhang.
Und die Welt schreibt heute ganz groß:
Der Katastrophenfall – und die beunruhigende Frage, was dann passiert
Was tun, wenn eine Katastrophe die kritische Infrastruktur trifft? Deutschland hat auf diese Frage keine überzeugende Antwort.
Vermutlich ist die Antwort ganz einfach, siehe Kartoffelkrieg. Auch wenn der Konstantin in seinem beschaulichen Dörfchen 10 Jahre die Bäume gepflegt hat, wird er genau dann, wenn die Maronen ihren Zweck als Notnahrung erfüllen sollen, mehr Autos mit Kennzeichen aus der nächsten Stadt sehen als sonst. Die Insassen werden ihm vielleicht sogar noch erlauben, die Maronen zu ernten, gerne sogar, aber dann heißt es Abliefern. Bei den Maronen Erheischenden wird es sich nicht um Oma Erna und Opa Heinrich handeln, sondern um Mitbürger, die ihr Begehr überzeugender verdeutlichen können.
Aus https://www.ksta.de/kartoffelkrieg-raubzug-ueber-bergische-felder-11792670?cb=166721854...
Straßenschlachten mitten im beschaulichen Overath, Gewehrschüsse und Schreie: Dramatische Szenen müssen sich vor rund 88 Jahren in dem beschaulichen Ort an der Agger abgespielt haben. Plündernde und hungernde Kölner kämpften gegen bergische Bauern, die ihr Hab und Gut schützen wollten.
Nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg herrschte in weiten Teilen Deutschlands Mangel. Besonders in den Städten gab es zu wenig Lebensmittel. Die Menschen versetzten Wertgegenstände, um zu überleben. Geld wollte kaum einer lange haben. Die galoppierende Inflation entwertete Papiergeld rasend schnell. Die Regale der Geschäfte blieben zu oft leer oder die Waren waren unerreichbar teuer.
Auch viele Kölner verkauften ihren letzten Schmuck für Nahrung. Einige versuchten auf anderen Wegen, an Lebensmittel zu gelangen. Ende 1923 kam es in Köln zu Plünderungen der hungernden Menschen. Wegen der Not unternahmen die Bewohner immer wieder „Hamsterfahrten“ mit der Eisenbahn ins Umland, wo die Kölner deswegen in dieser Zeit keine allzu gern gesehenen Gäste waren. Eine Gleisstrecke führte über Rösrath nach Overath. Dort lebten die Menschen zwar nicht in Saus und Braus, Felder und Wiesen sorgten aber für ausreichend Nahrung. „Große Gruppen von Hamsterern trafen ein, um die Felder dort und im Umland zu plündern“, schreibt Eberhard Dommer im Buch „Eine Bahn ins Bergische“ des Geschichtsvereins Rösrath.
Die Stimmung zwischen Städtern und Landbevölkerung war aufgeheizt. Im Oktober 1923 eskalierte der Streit. Die Bahnbehörde Köln hatte einen Sonderzug in Richtung Bergisches Land zusammengestellt. Der Landbevölkerung dräute, was auf sie zukommen würde. Deswegen versuchte sie, die Kölner am Verlassen des Overather Bahnhofsgebäudes zu hindern. Die Kölner durchbrachen die Kette der Bauern und stürmten in den Ort und das Umland. Am Ende des Tages blieben ein erschossener Kölner, ein erschlagener Bauer und zahlreiche Schwerverletzte zurück. Die Zeitung berichtete damals, dass „Tausende plündernd und raubend durch die Kartoffelfelder ziehen“.
Wenige Tage später kamen die Kölner erneut. „Am 27. Oktober hatte die Eisenbahn wieder tausende Menschen ins Aggertal gebracht, das Dorf Overath war vollständig belagert, der Bahnhof von Plünderern besetzt und der Bahnhofsvorsteher seiner Funktion enthoben“, schreibt Dommer. Ganz erfolglos waren die Kölner an diesem Tag nicht. Sie fuhren mit zehn Waggons geraubter Kartoffeln zurück in die Stadt.