Das ist (leider?) nicht und war nie die Position der Evangelischen Kirche Deutschlands, sondern nur ein Referat der Meinungen
Während die katholische Kirche hier sicher wegen der überwiegenden Mehrheit polnischer Bürger noch zurückhaltender agiert haben dürfte, als die protestantischen 'Fraktionen', die insbesondere in den preußischen Kernlanden besonders stark waren, so war auch die EKD auf ihren Synoden hier um eine 'ausgewogene' Position bemüht. Da die damalige Aufteilung in Ostblock/Warschauer Pakt einerseits und NATO andererseits, die offiziell beide Verteidigungsbündnisse waren, eine gewaltsame Umkehrung der Verhältnisse ohnehin ausschloß, konnte es nur um die Frage gehen, ob es einen völkerrechtlichen Restitutionsanspruch a) überhaupt gab und b) ob er dann Chancen auf eine wie auch immer geartete nicht-kriegerische Durchsetzung gehabt hätte. Ersteres zieht die Denkschrift in Zweifel und letzteres verneint sie, im Einklang mit der nunmehr geltenden völkerrechtlichen Ächtung des Angriffskrieges spätestens seit etwa 1944-46.
Dieser Passus im Kapitel IV. 'Völkerrechtliche Fragen' (Seite 25) referiert nur, was nach Meinung der Evangelischen Kirche die Meinung anderer sei. es ist mitnichten das eine Aussage zu der Rechtsmeinung der EKD in dieser Sache, sondern lediglich die Präambel, die überleitet zur Frage, ob diese referierte Meinung denn nun auch völkerrechtlich -durchsetzbar- begründet sei. Dies wiederum muss sie eher verneinen, vgl. Seite 28:
"... sie mahnt zur Vorsicht gegenüber der Behauptung, dieses Recht gewähre schon nach geltendem Völkerrecht den Vertriebenen Rechtsansprüche auf volle Rückgliederung der Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie in den deutschen Staatsverband und auf ihre Rückkehr in diese Gebiete."
Sie mahnt sogar, daß Verzicht letztlich die Konsequenz sein könnte (ebenda):
"Die leidvolle Geschichte deutscher Unterdrückungsmaßnahmen gegenüber dem immer wieder seiner politischen Selbständigkeit beraubten polnischen Volk und die völkerrechtswidrige Behandlung, die dieses Volk während des Zweiten Weltkrieges auf Anordnung der nationalsozialistischen Staatsführung erfuhr, stellt uns heute unausweichlich vor die Frage, ob sich daraus nicht politische, vielleicht aber auch völkerrechtliche Einwendungen gegen einen deutschen Anspruch auf unverminderte Wiederherstellung seines früheren Staatsgebietes ergeben."
Zumal das vielgepriesene und auf von Roosevelt des Älteren verkündete Prinzipien zurückgeführte "Selbstbestimmungsrecht der Völker" bis heute kein fester Bestandteil des Völkerrechts ist, sondern nur eine Absichtserklärung (Seite 27):
"Als Grundlage für solche subjektiven Rechte der Betroffenen wird von ihren Wortführern mit wachsendem Nachdruck das Selbstbestimmungsrecht der Völker angerufen. An dieser Stelle muß eine juristische Analyse politische Postulate, die auf Widerhall in der Völkergemeinschaft rechnen können, weil ihnen ein überall empfundenes Moment der Gerechtigkeit innewohnt, von den Sätzen unterscheiden, die in dieser Völkergemeinschaft als Normen des geltenden Völkerrechts anerkannt sind. Die Staaten, die noch immer als die hauptsächlichen Subjekte des Völkerrechts gelten, entschließen sich in ihrer Vertragspraxis und gewohnheitsrechtlichen Übung nur zögernd dazu, das politische Postulat der Selbstbestimmung der Völker, das eine Beschränkung der staatlichen Souveränität bedeutet, als Rechtssatz anzuerkennen. Es ist ein bewußter Ausdruck dieses Zögerns, daß die Charta der Vereinten Nationen vom 26. Juni 1945 an mehreren Stellen (Art. 1 Ziff. 2; Art. 55) nur von einem Prinzip des Selbstbestimmungsrechts der Völker spricht. Damit sollte offenbleiben und ist offengeblieben, welche rechtlichen Konsequenzen aus dem Prinzip zu ziehen sind und wer als Subjekt eines solchen Rechts anzuerkennen sein würde."
Auch wenn, wie neulich grade am Völkerstrafrecht diskutiert, die Kodifizierung des Völkerrechts weiter Fortschritte macht, ist der Fall in der Zwischenzeit ohnehin 'ausgestanden'. die Bundesrepublik hat im Zuge der Wiedervereinigung bindend und endgültig auf die ehemaligen Ostgebiete verzichtet. Darüber -als Staat- auch nur laut weiter zu spekulieren wäre daher seit 1990 ein casus belli. Die Erklärungen 1990 waren aber, nach den Brandtschen Verträgen, schon gar keine Verzichtserklärungen mehr, sondern nur noch eine nachträgliche Anerkennung der (Radbruch) 'Normativen Kraft des Faktischen'.
Das hatten ja eben auch die Vertriebenen schon damals anerkannt, vgl. Seite 29:
"Es ist nur eine spezielle Anwendung dieses Gedankens, wenn auch in der innerdeutschen Diskussion und neuerdings selbst in öffentlichen, ihre Urheber ehrenden Erklärungen der Vertriebenen-Organisationen darauf hingewiesen wird, daß es dem Postulat eines „Rechts auf die Heimat“ widersprechen und neues Unrecht erzeugen würde, wollte man verlangen, daß für eine Rückkehr der deutschen Bevölkerung durch Vertreibung der inzwischen dort angesiedelten polnischen Bevölkerung Raum geschaffen wird."
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